57 Ehemalige stellen Antrag auf eine Aufarbeitungskommission

Gudrun Mann –  exigler.de                                      

Dr. med. Gerhard Engler                                                              

München-Neubiberg, den 23.02.2023

Deutsche Bischofskonferenz

Bischof Georg Bätzing                                                       

nachrichtlich Ortsbischöfe

 

Betr.: Wir Betroffenen und Ehemaligen der Katholischen Integrierten Gemeinde bitten um eine Aufarbeitungskommission

 

Sehr geehrter Herr Bischof Bätzing, sehr geehrte Bischöfe!

Wir Unterzeichnenden, ehemalige Mitglieder und Angehörige der Katholischen Integrierten Gemeinde, stellen folgenden Antrag:

Die Deutsche Bischofskonferenz möge eine Wahrheits- und Aufarbeitungskommission einsetzen mit dem Ziel einer umfassenden Aufarbeitung der Theologie und Praxis der ehemaligen Integrierten Gemeinden mit Ihren Priestern im Dienst an Integrierten Gemeinden.

Die durchgeführte Visitation der KIG im Erzbistum München-Freising, wo sie entstanden ist und immer ihren Schwerpunkt hatte, war nach Aussage von Kardinal Marx (PresseClubgespräch München vom 19.12.2022, Anlage) nicht rechtsgültig, weil die „andere Seite“ nicht mitgemacht habe. Dies empfinden wir als unverständliche Relativierung bzw. Distanzierung. Mit dieser Aussage des Kardinals werden zum einen die zahlreichen Zeugenaussagen der Betroffenen abqualifiziert und zugleich die Arbeit der drei Visitatoren als nicht objektiv hingestellt und missachtet.

Diese zu bildende Kommission sollte durch einen Bischof geleitet werden, der die delegierten Vollmachten der beteiligten Bischöfe erhält und dadurch weisungsbefugt gegenüber den Priestern der KIG ist. (Die Priestergemeinschaft ist noch nicht rechtsgültig aufgelöst.)

Einzuladende Teilnehmer:
Ehemalige Gemeindeverantwortliche und vor allem die verantwortlichen Priester (die „andere Seite“), eine Abordnung von betroffenen Ehemaligen (die „eine Seite“), Fachleute für Weltanschauungsfragen, Kirchenjuristen, Theologen und Psychologen.

Da die Priester in ihren jeweiligen Diözesen inkardiniert sind und ihren Bischöfen Gehorsam gelobt haben, dürften sie sich nicht entziehen können. Für die jeweiligen Integrierten Gemeinden vor Ort waren sie verantwortlich für die Einhaltung der rechten Lehre und Praxis und die Verbindung zum jeweiligen Ortsbischof.

Gründe:

Anscheinend gab es bezüglich einer Aufarbeitung bis jetzt diverse Hindernisse:

  1. Generalvikar Klingan schrieb am 08.12.22 an eine Betroffene, die sich hilfesuchend an das Erzbistum München gewandt hatte: „Die Diskussion zu Prävention und Aufarbeitung dauert derzeit noch an. Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich der Bewertung und Einordnung geistlichen Missbrauchs durch die Bischofskonferenz nicht durch eine Einzelfallentscheidung vorgreifen möchte. Daher kann die Erzdiözese Ihrem Antrag auf Entschädigung nicht entsprechen.“ Nun findet vom 27. Februar bis 2. März 2023 die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz statt, bei der – wie wir gehört haben – ein Text über geistlichen Missbrauch beraten und verabschiedet werden soll. So steht daher einer Aufarbeitung nichts mehr im Wege. Zudem können durch die Aufarbeitung des Geistlichen Missbrauchs in der ehemaligen KIG weitere Erkenntnisse erlangt werden, die sich positiv auf die Prävention dieser Form des Machtmissbrauchs in der Zukunft niederschlagen können.
  2. Das Ergebnis und die Empfehlung der Visitatoren beruht „auf zahlreichen Gesprächen mit ehemaligen KIG-Angehörigen, den von diesen vorgelegten Dokumenten sowie den vor Beginn der Visitation im Erzbischöflichen Ordinariat vorhandenen umfangreichen Unterlagen und den Publikationen der KIG.“ Seit Anfang der 1970iger Jahre liegen dem Erzbistum von unterschiedlichen Seiten Berichte vor (Quelle: die beiden BR-Dokumentationen). Es gibt darüber hinaus noch weiteres Archivmaterial (Interne Zeitschriften, Briefsammlungen, theologische Abhandlungen, Bücher, Doktorarbeiten usw.), so dass durchaus eine abschließende Beurteilung möglich ist, auch wenn die andere Seite (Priestergemeinschaft) sich weiterhin verweigern sollte und „nicht gehört werden kann“.

Ein Infragestellen des Berichts der Visitatoren oder eine Relativierung durch Kardinal Marx kann jedenfalls so von den Betroffenen nicht hingenommen werden.

Wir hoffen auf eine Rückmeldung und verbleiben mit freundlichem Gruß

Diesen Brief an die Deutsche Bischofskonferenz haben insgesamt 57 Personen unterschrieben.