Die „Neue Familie“

Die „Neue Familie“

Die Statuten 1997 besagen, dass durch die Lebensform der „Integration“ „eine neue ‚Familie‘ aus Verheirateten und Ledigen, Alten und Jungen, Gesunden und Kranken aus allen gesellschaftlichen Schichten entstehen“ soll.[i] Mit dieser „Neuen Familie“ waren also nicht die üblichen Familienstrukturen gemeint, sondern alle Gemeindemitglieder verstanden sich gemeinsam als „Neue Familie“.

Doch was bedeutete dieses Wort „Neue Familie“ in der Praxis? Bereits 1966 stand die Frage im Raum: „Wer ist mir Bruder, Schwester …?“[ii] In dieser Zeit wurden z.B. die Versammlungsräume für die damalige Gruppe zu klein, deswegen stand ein größerer Umbau in einem Haus an. Das dafür nötige Geld für die Zinsen musste erwirtschaftet werden, deshalb „wurden verschiedene Mütter wieder berufstätig und arbeiteten trotzdem wie bisher auch weiter in der Freizeit für die Gemeinde mit. Mit einer differenzierten Kinderbetreuung, die auf die besonderen Verhältnisse der einzelnen Familien und der Gemeinde abgestimmt war, begann die Integration.[iii] Diese gezielte Verknüpfung aller Gemeindemitglieder ermöglichte also z.B., Darlehen für gemeindliche Aktivitäten aufzunehmen. Die Kinder wurden in Gruppen zusammengefasst und lebten in den folgenden Jahren oft in Integrationshäusern betreut, nicht bei ihren Eltern.

Gleichzeitig sah sich die „Neue Familie“ bewusst auch in der Unterscheidung zur alten Familie bzw. Herkunftsfamilie. Die Aufgabe der „Neuen Familie“ war, „die alte Familie instandzusetzen[iv]. Die IG sah sich als Ort, an dem Eltern lernen können, ihre Kinder adäquat zu erziehen: Sie formulierte 1971: „Wir   können   aus   unserer   jungen   Erfahrung   auch   schon   sagen, dass der theologische Ort für die Elternbildung und Kinderziehung Dämonenaustreibung heißt. […] Die Heilung des Kindes geschieht über die Heilung der Eltern und Beziehungspersonen.[v] Für diese Heilung der Eltern sollten sie ihre Kinder der IG gänzlich anvertrauen, was bedeutete, „selbst der Gemeinde zu trauen und auf sie in allem zu hören.[vi] Sie sollten die IG „mehr lieben als ihre Kinder“, denn da sie naturgegebenerweise „ihre Kinder lieben und sich um sie sorgen, haben sie ein Maß für die Zuwendung für die stets bedürftigere Gemeinde.“[vii]Im Jahre 1972 formulierte z.B. eine Mutter: „Mir scheint [dass] das Freigeben unserer Kinder für uns Eltern einen wesentlichen Teil des Hineinsterbens in die Gemeinde ausmacht. Mit weniger als unserem Herzblut findet Gott sich nicht ab.[viii]

 

Siehe Blogbeitrag zum Thema Muttersein in der IG

 


 

 

[i] Statuten 1997 S. 3

[ii] Heute – pro eccflesia viava. Bad Tölz, 1994. S.89

[iii] Die Integrierte Gemeinde. Christliche Existenz in eine säkularen Welt. Beiträge zur Reform der Kirche.

  [Autorenkollektiv] München: Verl. Urfeld. 1976  S. 313

[iv] Handbüchlein für Christen. (Erster Entwurf). Gesamtherstellung: Integrierte Gemeinde. München: o.J. (ca. 1981) S. 31

[v] Die Integrierte Gemeinde. Urfeld, Aug. 1971. S. 8

[vi] Handbüchlein für Christen. (Erster Entwurf). Gesamtherstellung: Integrierte Gemeinde. München: o.J. (ca. 1981) S. 31

[vii] Handbüchlein für Christen. (Erster Entwurf). Gesamtherstellung: Integrierte Gemeinde. München: o.J. (ca. 1981) S. 31

[viii] Integrierte Gemeinde. Urfeld, Aug. 1972. S. 284